Dragqueen – Transsexuell
Wo die Grauzone zwischen Mann und Frau bunt wird, sind die Drags: Dragkings und Dragqueens feiern ihre Individualität und verschmelzen Kreativität und die Kunst, um sie auf und mit ihrem Körper fortzuschreiben.
Ob androgyn, mit weichen, weiblichen Zügen oder in männlich muskulösen Körpern – Dragqueens und Dragkings verdrehen ihrem Publikum den Kopf, sobald sie in die Rolle der attraktiven Frau oder des attraktiven Mannes schlüpfen.
Gemeinsam ist den Dragqueens, also Männern, die eine Frau darbieten, und den Dragkings, den Frauen, die in der Verkleidung eines Mannes auftreten, ihr aufwendig und kunstvoll inszenierter Auftritt. Denn der Drag ist eine ausgefeilte Kunstform, mit der die Grenzen des Geschlechts durch das Kostüm, die Rolle und das Arrangement einer Show oder eines Shootings überwunden werden. Niemand muss sich unter diesen Vorzeichen eindeutig als Mann oder Frau etikettieren lassen.
Schon um die Jahrhundertwende, Anfang der 1900er Jahre, traten erste Drags in der Öffentlichkeit in Erscheinung. Sie waren zu dieser Zeit noch außerordentliche Exoten.
Ihre vermeintliche Transsexualität wurde als Bedrohung wahrgenommen. Wie Transsexuelle galten sie als potenzielle Systemumstürzler und damit als Gefahr für die etablierte Ordnung. Heute sind Dragqueens und -kings gefeierte Stars, die mit bewusst ausgelösten, provokativen Schockeffekten kokettieren. Sie mischen Mainstream-Events wie den Eurovision Song Contest auf und heben sich als willkommene Abwechslung aus dem Einheitsbrei des Entertainment-Establishments hervor.
Der Travestie-Künstler Tom Neuwirth, besser bekannt als Dragqueen Conchita Wurst, und Dana International, die 1998 den Wettbewerb mit ihrem Song „Diva“ für Israel gewann, sind bekannte Beispiele für Drags, die es auf die internationalen Showbühnen geschafft haben und als Sänger und Entertainer überzeugen konnten.
Drags haben keinerlei einheitlichen Hintergrund, was ihre sexuelle Orientierung angeht. Immer aber sind sie musikalisch oder tänzerisch begabt und stellen ihre Talente und ihre außergewöhnliche Schönheit gerne im Rampenlicht zur Schau. Dragkings und -queens sind nicht transsexuell und haben nicht das Bedürfnis, durch Anpassung ihrer Genitalien ihr biologisches Geschlecht zu verändern und danach dauerhaft in einer anderen Geschlechterrolle zu leben. Sie lieben die Bühne und die Kamera. Transsexualität spielt für die Dragqueens dagegen keine bedeutende Rolle. Sie freuen sich einfach an ihren immer wieder neuen, aufregenden Auftritten in wechselnder Verkleidung. So beschreibt sich Tom Neuwirth klar als nicht transsexuell und tritt abwechselnd in Robe mit Bart und Glatze im Latexanzug auf. Auch Oliver Knöbel ist nicht transsexuell. Nur durch seine Verkleidung wird er zur Kunstfigur Olivia Jones.
Unbestrittener Superstar der Drag-Szene ist der Kalifornier RuPaul, dessen populäre Fernsehshow „RuPaul’s Drag Race“ etliche Preise abgeräumt hat. Als Follow-up des erfolgreichen US-TV-Formats sorgen Top-Jurorin Heidi Klum und Co-Juror Bill Kaulitz mit der Travestieshow oder Dragqueen-Show „Queen of Drags“ dafür, dass auch in Deutschland die Drag-Szene nicht aus dem Fokus des Interesses verschwindet und der Medienrummel um die Diven nicht abreißt.
Der Legende nach hat der Begriff „drag“ seinen Ursprung beim englischen Bühnenautor Shakespeare. Angeblich steht seine handschriftliche Bühnenanweisung „d.r.a.g.“ für den Auftritt eines Mannes in der Kleidung einer Frau.
Das Kürzel bedeutete wohl: „dressed as a girl“ (= wie ein Mädchen angezogen). Falls die Legende stimmt, dann ist der Beginn des Drag also schon sehr lange und unmittelbar mit der Bühnentradition verbunden.
Weil „to drag“ aber auch „schleppen“ bedeutet, könnte der Ursprung der Bezeichnungen für die Drag Queen auch auf die Schleppe der oft bodenlangen, eleganten und extravaganten Kleider der Protagonisten der Drag Shows zurückgehen.
Viele der erfolgreichsten Drag Queens verdanken ihren Erfolg renommierten Model-Agenturen. Sie arbeiten für die größten Haute Couture-Häuser wie Prada, Versace oder Tommy Hilfiger und treten auf den internationalen Fashion-Shows auf.
Keine Drag Queen gleicht der anderen. Fast immer aber sind sie auffällig elegant oder schrill gekleidet. Sie sorgen auf Schritt und Tritt für maximalen Wirbel um ihre Person.
Oft kommen sie en paires mit ihren Dragkings im Schlepptau. Sie werden gemeinsam in Clubs für Dragshows gebucht oder nehmen an Wettbewerben und bei Paraden teil.
Sie genießen die Komplimente und die Aufmerksamkeit, das Spiel und ihren Sexappeal in der Rolle der Diva, bringen das Publikum zum Staunen und zaubern ihren Betrachtern ein Lächeln auf die Lippen.
Wenn Du Dir wünschst, ein erfolgreiches Model oder gefeierter Künstler zu sein, der sich jeden Tag in eine neue Rolle hineinfühlt und sich mit passendem Make-up und Kleidung in eine extra heiße Kunstfigur verwandelt, dann kannst Du Deinen Traum durchaus wahr machen.
Alles, was Du brauchst, ist der Mut, Dich auf das Wagnis einzulassen und – natürlich das entsprechende Talent.
Denn wahre Verwandlungskunst erfordert das gewisse Etwas. Echte Travestie-Künstler sollten mehr können, als eine Perücke überziehen, Make-up auflegen und Pumps und ein Kleid mit Schleppe tragen.